Den Analysen der Wissenschaftler zufolge könnten bis zu 14,3 Millionen Haushalte in 1,9 Millionen Gebäuden – darunter knapp eine Million von Wohnungseigentümergemeinschaften – von Mieterstrom oder anderen PV-Betriebskonzepten wie gemeinschaftliche Gebäudeversorgung, Allgemeinstromversorgung oder Verpachtung von Dachanteilen profitieren, darunter knapp eine Millionen Gebäude von Wohnungseigentümergemeinschaften. Zum Zeitpunkt der Einführung des Mieterstrommodells 2017 hatte das Bundeswirtschaftsministerium das Mieterstrompotenzial mit 3,8 Millionen Wohnungen in 370.000 Wohngebäuden deutlich geringer beziffert. Die Berechnungen waren damals von 20,1 Millionen geeigneten Eigentümergemeinschaften ausgegangen. Diese Zahlen waren nach Einschätzung des IW Köln konservativ geschätzt. Und: „Inzwischen haben sich sowohl am Markt als auch regulatorisch Änderungen ergeben. Aktuell ist es dank einer florierenden Start-Up-Szene möglich und lukrativ, den kompletten Bereich der Mehrfamilienhäuser abzudecken“, betonen die Autoren der Studie. Sie verweisen jedoch zugleich darauf, dass (Stand Mai 2024) laut Marktstammdatenregister bundesweit nur knapp 9.000 Mieterstromanlagen angemeldet sind.
Als Hemmnisse für die Nutzung von Mieterstrom benennt die Studie unter anderem die fehlenden technischen Voraussetzungen in vielen Bestandsgebäuden im Geschosswohnungsbau. Für die sogenannte Drittbelieferung sei beispielsweise eine verbrauchsbezogene Abgrenzung zwischen eigenem PV-Strom und zusätzlich benötigtem Strom aus dem Netz erforderlich. Das können zwar künftig virtuelle Summenzähler und Smart Meter leisten. Doch in vielen Gebäuden werden dafür teure Umbaumaßnahmen notwendig. Hinderlich sei auch, dass es bislang keine bundesweit einheitlichen Standards in der Zählermethode, der Abrechnung und den Meldeprozessen bei den über 900 Netzbetreibern gibt.
Zwar wurden in den vergangenen Jahren steuerliche Vereinfachungen geschaffen und diverse Verbesserungen verabschiedet, um das Mieterstrommodell attraktiver zu machen. Dennoch lautet das Fazit des IW Köln: „Ohne umfassende Reformen, die über das Solarpaket I hinausgehen, wird sich an dem Nischendasein des Mieterstroms nichts ändern.“ Das Modell der Gemeinschaftlichen Gebäudeversorgung sollte in Eigentümergemeinschaften der Standard werden, da der bürokratische Aufwand durch den Wegfall der Lieferantenpflicht sinkt, so die Empfehlung des IW Köln. „Um die Transaktionskosten des Wechselprozesses weiter zu senken und die Mitmachquoten der Mieter zu erhöhen, sollte die Vertragsfreiheit zukünftig auf Basis der Widerspruchslösung bestehen.“
Auch der VDIV Deutschland fordert weitere Vereinfachungen bei Solarstrom für WEG: „Die Eigentümergemeinschaften müssen in die Lage versetzt werden, einfach und ohne Nachteile befürchten zu müssen, Solarstrom zu produzieren. Sonst bleibt der Boom im Mehrfamilienhaus trotz großer Potenziale weiterhin aus“, so Martin Kaßler, Geschäftsführer des VDIV Deutschland.
Die Studie „Großes ungenutztes Potenzial beim Mieterstrom“ können hier kostenlos downloaden.